2009/05/24

Deutsche im Ausland und anwaltliche Vertretung

Wir repräsentieren die Belange zahlreicher Mandanten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, unter anderem aus Argentinien, Brasilien, Ecuador, Japan, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Österreich, USA, China, Russland und der Schweiz.

Online tätig zu sein, heißt heute etwa ein Email aus Barcelona zu erhalten, um Widerspruch für ein spanisches Unternehmen gegen einen hiesigen Antrag auf einen Mahnbescheid einzulegen und innerhalb von Stunden, wenn nicht Minuten, zu reagieren.

Wir helfen Deutschen, die im Ausland leben, bei zahlreichen Fragen, die einen inländischen Gerichtsstand begründen oder auch nur außerprozessual verfolgt werden müssen. Im Fall von Scheidungen, Unterhalt, Sorgerecht, Zugewinn, Adoptionen, Testamenten mit der Regelung von Inlandsvermögen, Einbürgerungen, Wiedereinbürgerungen, Beibehaltungsgenehmigungen etc. können wir Ihre Interessen vertreten, ohne dass Sie hier in Deutschland präsent sein müssen.

Insofern müssen Sie sich nicht darum sorgen, dass wir Ihre Interessen nicht repräsentieren können, wenn Sie fern von unserem Kanzleisitz wohnen. Schicken Sie uns ein E-Mail oder rufen Sie uns an (0228/63 57 47) und sagen Sie uns, wie wir Ihnen weiterhelfen können.

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Wie erhalte ich eine Beibehaltungsgenehmigung?

Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Wenn sich eine Ehegatte nicht scheiden lassen will

Neulich hatten wir es mit der komplexen Konstellation in einer Vertretung vor dem Oberlandesgericht Köln zu tun, dass ein Ehegatte sich nach ca. zwei Jahren Trennung nicht scheiden lassen will. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Der Ehegatte kann krank oder hilfsbedürftig. Vielleicht will er Schwierigkeiten bereiten, um dem anderen die Chance zu eröffnen, sich neu zu verheiraten.

Wie reagieren Gerichte darauf?

Zunächst ist die Frage zu beantworten: Wann ist eine Ehe so zerrüttet, dass auch nach dem Ablauf eines Trennungsjahr auch gegen den Willen des anderen die Scheidung auszusprechen ist?

Die Ehegatten leben bekanntlich getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

Es wird vom Gesetz unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Der Scheidungsantrag eines Ehegatten ist aber lediglich ein schwaches und nicht hinreichendes Indiz für das Scheitern der Ehe. Ein Indiz (nicht Beweis) für das Scheitern der Ehe ist in der Regel die Zustimmung des anderen Ehegatten zur Ehescheidung, unbeschadet dessen, ob es sich um eine Zustimmung handelt, die in Inhalt und Form den Voraussetzungen des § 1566 Abs. 1 BGB genügt.Wenn es um die Frage der Zerrüttung geht, sind Indizien zu "sammeln".

Die Dauer des Getrenntlebens wird als wesentliches Indiz für die Zerrüttung gewertet, dessen Beweiskraft mit zunehmender Trennungsdauer wächst. Als weiteres sicheres Anzeichen für die endgültige Zerrüttung der Ehe ist die Tatsache anzusehen, wenn sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sich mittlerweile von der Ehe abgewandt haben und jeweils neue Partnerschaften eingegangen sind.

Nach der Rechtsprechung reicht eine einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten aus. Es genügt, wenn aus dem Verhalten und den als glaubhaft angesehenen Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu seinem Partner zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Der Vortrag, die Parteien leben seit mehr als einem Jahr getrennt und auch der andere Ehegatte wolle geschieden sein und werde dem Begehren zustimmen, ist dagegen nicht ausreichend für einen schlüssigen Antrag.

Der unbedingte Wille eines der beiden Ehepartner, an der Ehe festzuhalten reicht für sich betrachtet nicht aus, um der Feststellung einer Zerrüttung der Ehe den Boden zu entziehen. Dabei ist es gleichgültig, warum ein Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen will. Seine Gründe müssen auch nicht vernünftig sein. Es genügt die hier erkennbare subjektive Einstellung der die Scheidung begehrenden antragstellenden Partei, wenn sie sich dahin schriftsätzlich äußert, dass die Wiederherstellung der Ehe nicht mehr zu erwarten ist. Tatsächlich genügt es, wenn aus dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Eine Ehe gilt daher auch dann als zerrüttet, wenn nur ein Ehegatte sich – gleich aus welchen Gründen - endgültig abgewendet hat und die Ehe nur einseitig als zerrüttet angesehen wird, weil dann eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann.Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Geht das Verhalten des Scheidungswilligen gegenüber dem Antragsgegner über einen Zeitraum von rund 1 1/2 Jahren so weit, dass er (oder sie) jede Kontaktaufnahme - auch durch Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - zu unterbinden versucht , die Wohnung wechselt, nachdem der Antragsgegner diese ausfindig gemacht hat, und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln versucht wird, den Näherungsversuchen des Antragsgegners zu entgehen, ist die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten.

Rechtsanwalt Dr. Palm ist unter anderem berechtigt, vor allen deutschen Oberlandesgerichten aufzutreten.

Wenn Sie weitere Fragen haben, kontaktieren Sie uns per Email oder Telefon.

Adelsprädikat Adliger Name Adoption

Die Adoption durch einen Adligen wurde in Billy Wilders Komödie "Eins, Zwei, Drei" einigermaßen ironisch kommentiert. Der Sozialist Otto wird auf Betreiben des machtpolitisch komplex agierenden Coca-Cola-Bosses durch den adligen Toilettenmann des Hotels Kempinski adoptiert, um zu „Otto Graf von Droste-Schattenburg“ zu avancieren.

Wie geht die Rechtsprechung mit solchen Adoptionen um?

In der Weimarer Reichsverfassung - Art. 109 Abs. 3 S. 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) (Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden) - ist nicht im Einzelnen geregelt, unter welchen Voraussetzungen Adelsbezeichnungen als Teil des Namens fortgeführt werden. Bei der Auslegung der Vorschrift ist nach Auffassung der Gerichte zu beachten, dass es bei ihrer Zielsetzung, die Neuverleihung von Adelsprädikaten auch als Namensbestandteil auszuschließen, auch nicht ihr Sinn gewesen sein kann, solche Adelsbezeichnungen wieder aufleben zu lassen, die damals bereits nicht mehr benutzt wurden. Die Rechtsprechung geht deshalb davon aus, dass Adelsbezeichnungen jedenfalls dann nicht Bestandteil des Namens geworden sind, wenn sie bei Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung lange Zeit im Rechtsverkehr nicht mehr geführt worden waren (vgl. BVerwG StAZ 1969, 185, 186; BayObLG StAZ 1981, 184, 185; OLG Frankfurt StAZ 1885, 12, 13; OLG Düsseldorf StAZ 1997, 177f; KG StAZ 1999, 38ff).

Die Frage, welcher Zeitraum einer tatsächlichen Nichtbenutzung eine Adelsbezeichnung mit Inkrafttreten der WRV in Wegfall brachte, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Das OLG Frankfurt hält die Nichtbenutzung über "mindestens zwei Generationen" für erforderlich, andere Obergerichte sehen diesen Zeitraum eher als Orientierungsmaßstab (BayObLG a.a.O.; offen OLG Düsseldorf a.a.O.). Das OLG Hamm (15. Zivilsenat 21.09.2006 - 15 W 257/05) sah keinen Anlass, zur Frage einer absoluten zeitlichen Grenze Stellung zu nehmen.

Art.109 Abs. 3 S. 2 WRV knüpft bei der Überführung der Adelsbezeichnungen in das Namensrecht an die tatsächliche Verhältnisse an, in denen es den Berechtigten jedenfalls faktisch freigestellt war, ihre Adelsbezeichnung zu führen. Die namensrechtliche Ordnungsfunktion macht es erforderlich, hinsichtlich der tatsächlichen Führung der Adelsbezeichnung solche, eher kurzfristigen Verhaltensweisen auszuscheiden, die sich als eher zufällige Reaktion auf konkrete rechtliche oder soziale Zusammenhänge darstellen könnten. Erforderlich erscheint vielmehr - bezogen auf die Zeit vor 1919 - eine Verfestigung der tatsächlichen Handhabung. Da es um die Ordnungsfunktion des Familiennamens geht, erscheint in zeitlicher Hinsicht eine einheitliche Handhabung der Nichtführung der Adelsbezeichnung über jedenfalls eine Generation erforderlich, um dieser -bezogen auf den Regelungsgehalt des Art.109 WRV- die Namensfunktion zu entziehen.

Adelsnamen sind im Wege der Namensänderung nur in seltenen Ausnahmefällen zu gewähren (OVG Hamburg - 3. Senat 11.01.2006 - 3 Bf 369/02). Die Gefahr einer psychischen Erkrankung im Falle der Versagung des gewünschten Adelsnamens begründet zum Beispiel keinen Ausnahmefall. Mit der Regelung des Art. 109 Abs. 3 Satz 1 WRV, wonach öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes aufzuheben sind, hat der Gesetzgeber die adelsrechtlichen Privilegien beseitigen wollen. Er hat es aber mit der Anordnung der Aufhebung der Vorrechte nicht bewenden lassen und es zusätzlich ausdrücklich verboten, Adelsbezeichnungen zu verleihen. Darin kommt der Wille zum Ausdruck, dass Adelsbezeichnungen weder allein noch als Bestandteil des bürgerlich-rechtlichen Namens fortbestehen und ansonsten nicht mehr, also auch nicht durch öffentlich-rechtliche Namensänderung vergeben werden sollten. Selbst das Interesse, dass der Name "..." nicht ausstirbt bzw. wiederauflebt, stellt keinen wichtigen Grund für eine erstrebte Namensänderung dar.

Das OVG Hamburg (3. Senat vom 11.01.2006 - 3 Bf 369/02) erläutert die Problematik weiterhin so: „Wenn bei der Vergabe von Namen mit ehemaligen Adelsbezeichnungen Zurückhaltung geboten ist, bedeutet dies, dass bei der Annahme von Ausnahmefällen ebenfalls zurückhaltend vorgegangen werden muss. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den von ihm entschiedenen Fällen eine Ausnahme dann als gegeben angesehen, wenn besondere soziale, d.h. in Wirklichkeit gelebte enge Beziehungen zu Personen vorgelegen haben, die den gewünschten Namen tragen. Derartige Beziehungen sind in einem Fall angenommen worden, in dem der Geburtsname der Ehefrau, ein Name mit Adelsbezeichnung, von ihr - nach altem Recht - dem so genannten Sammelnamen des Ehemannes hinzugefügt und auch den Familienangehörigen als Teil eines Doppelnamens gewährt worden ist (vgl. Urt. v. 5.3.1965, BVerwGE Bd. 20 S. 300). Das OVG NRW (Entscheidung vom 12.05.2000 - 8 A 3458/96) hat das aber in einer ähnlichen Konstellation auch abgelehnt: Der volljährige in der Bundesrepublik Deutschland eingebürgerte Nachkomme einer Person, welcher in ihrem Heimatstaat ein Adelsprädikat aberkannt worden ist, kann eine auf Führung der Adelsbezeichnung als Namensbestandteil gerichtete Namensänderung nur dann beanspruchen, wenn er entweder persönlich von dem Namensführungsverbot betroffen war oder von einem Anspruchsinhaber abstammt, der selbst die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem 1. Januar 1919 erworben hat. Einen Nachkommen eines adligen Namensträgers betrifft die Maßnahme nur dann selbst und unmittelbar, wenn sich das Namensverbot auch auf ihn erstreckt hat, weil er noch vor Inkrafttreten des Verbots geboren worden ist. Der bloße Wunsch, einen von den Vorfahren geführten Adelstitel wieder aufzunehmen, stellt keinen wichtigen Grund in diesem Sinne dar.

Wir sind auch über die neusten Entwicklungen auf diesem Gebiet informiert. Schildern Sie uns doch Ihr Problem oder ihr konkretes Anliegen!

Ihre Rechtanwaltskanzlei Dr. Palm

Erwachsenenadoption - Volljährigenadoption

Wir haben zahlreiche Fälle der Erwachsenenadoption in der gesamten Bundesrepublik Deutschland betreut und dabei auch solche Konstellationen kennen gelernt, die juristisch nicht immer einfach zu bewerten sind, was beispielsweise dann der Fall ist, wenn der Altersunterschied zwischen Eltern und Kindern in spe kritisch ist oder auch der Erwerb eines Adelsprädikats eine Rolle spielt.

Für die Adoption eines Erwachsenen ist das Gericht, in dessen Bezirk der Annehmende oder einer der annehmenden Ehegatten seinen Wohnsitz hat. Was ist nun der entscheidene Aspekt für die Durchführung einer erfolgreichen Adoption?

Die Annahme muss sittlich gerechtfertigt sein, was insbesondere dann gilt, wenn zwischen Annehmenden und Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Das Leitbild der Volljährigenadoption ist im Gegensatz zu demjenigen der Minderjährigenadoption nicht auf einen Ersatz der leiblichen Elternschaft durch den Annehmenden gerichtet. Eine solche Beziehung setzt in der Regel einen Altersabstand voraus, der eine natürliche Generationenfolge nicht ausschließen würde. Ein zu geringer, nicht der natürlichen Generationenfolge entsprechender Altersunterschied stellt ein gewichtiges Anzeichen gegen eine solche Beziehung dar. Adoptionen sind aber - wie nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich entschieden wurde - auch zwischen Geschwistern möglich. Die Erwachsenenadoption ist allerdings auch dann zuzulassen, wenn noch keine dem Eltern-Kind-Verhältnis vergleichbare familiäre Bindung entstanden, ihre dem Alter entsprechende Entstehung aber zu erwarten ist, vgl. etwa OLG Frankfurt (20 W 347/98). Dann muss aber eine innere Verbundenheit und die Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand festgestellt werden. Der Umstand, dass der Anzunehmende seine guten Beziehungen zu seinen leiblichen Eltern ungeachtet der Adoption fortsetzen will und dass er als einziges Kind den elterlichen Hof übernehmen wird, steht der sittlichen Rechtfertigung der Adoption nicht entgegen. Eben so wenig schaden steuerliche oder wirtschaftliche Nebenzwecke der Adoption (hier: die Absicht des Annehmenden durch Erbeinsetzung des Angenommenen Erbschaftsteuer zu sparen), sofern jedenfalls der familienbezogene Zweck der Adoption überwiegt, stellt das Landgericht Landshut 1999 fest.

Die Annahme eines Volljährigen darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen. Bei der für die Annahme eines Volljährigen vorzunehmenden Interessenabwägung sind folglich die vermögensrechtlichen, insbesondere die erbrechtlichen Interessen der Kinder des Annehmenden zu berücksichtigen. So wurde etwa entscheiden, dass ein leibliches Kindes eine Verschlechterung seiner vermögensrechtlichen Situation durch eine aus der Adoption folgenden Minderung seines Pflichtteilsrechts nicht hinzunehmen braucht. Die Beerbungschancen werden bei Adoptionen allerdings zwangsläufig geschmälert, sodass daraus allein kein absolutes Argument zu gewinnen ist. Im Fall der Adoption von ausländischen Erwachsenen ist zu berücksichtigen, dass die Adoption nicht zwangsläufig zur Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltstitels führt. Wenn insbesondere dieser Zweck im Vordergrund steht, wird die Adoption nicht erfolgreich sein.

Spätestens aber das Ausländeramt wird bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis Schwierigkeiten bei der Adoption von Ausländern machen, wenn nicht besondere zusätzliche Umstände vorliegen, die einen gemeinsamen Aufenthaltsort zwischen Eltern und Kind erforderlich machen.

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Unterhalt bei hohem Einkommen jenseits der "Tabelle"

Was ist eigentlich, wenn ein Ehegatte sehr gut verdient und die Unterhaltstabelle gar nicht mehr einschlägig ist? Denn die diversen Tabellen der Oberlandesgerichte schreiben nicht die Einkommen unbegrenzt nach oben und setzen entsprechend den Unterhalt proportional herauf.

Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderte Erwerbsfähigkeit. Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. Soweit erst mal das Gesetz.

Wurde das überdurchschnittliche Einkommen der Ehegatten während des Zusammenlebens nicht gänzlich für den allgemeinen Lebensunterhalt verbraucht, sondern teilweise der Vermögensbildung zugeführt, sind bei der Unterhaltsbemessung entsprechende Teile des Einkommens nicht zu berücksichtigen, sofern das verfügbare Einkommen durch die Vermögensbildung nicht unangemessen eingeschränkt wurde. Denn es gehört nicht zu den Zwecken des Ehegattenunterhalts, nach der Trennung dem Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise wie dem Unterhaltsverpflichteten die Bildung von Vermögen zu ermöglichen. Vielmehr sollen dem bedürftigen Ehegatten über den Unterhalt diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die er benötigt, um seine laufenden Lebensbedürfnisse so zu befriedigen, wie es dem in der Ehe erreichten Lebensstandard entspricht, OLG Koblenz aus dem Jahre 2000.

Das Problem hoher Einkommen bei der Unterhaltsberechnung kann sich insbesondere beim Kindesunterhalt ergeben. Das Maß des den Kindern geschuldeten Unterhalts richtet sich gemäß § 1610 BGB nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien, sondern nach der Lebensstellung der Unterhaltsbedürftigen. Diese Lebensstellung leiten die Kinder regelmäßig aus der gegenwärtigen Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ab, wie der BGH es mehrfach festgestellt hat. Nur wenn das Kind schon eine eigene Lebensstellung hat, bemisst sich sein Unterhaltsbedarf danach, was einen festen Unterhaltsbedarf für Kinder rechtfertigen kann.

Es entspricht der gerichtlichen Praxis, sich bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerken zu orientieren Die in diesen Tabellenwerken ausgewiesenen Richtsätze lassen sich als Erfahrungswerte verstehen, die den Lebensbedarf des Kindes - ausgerichtet an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern und dem Alter des Kindes - auf der Grundlage durchschnittlicher Lebenshaltungskosten typisieren, um so eine möglichst gleichmäßige Behandlung gleicher Lebenssachverhalte zu erreichen.

Die Einkommensgruppen der Tabellen sind nach oben begrenzt. Für ein diese Sätze übersteigendes Nettoeinkommen verweist die Düsseldorfer Tabelle auf die "Umstände des Falles". Das klingt nach Billigkeit und ist auf den ersten Blick nur schwer justiziabel. Der Bundesgerichtshof hatte früher ausgeführt, dass es zwar für den Kindesunterhalt keine feste Obergrenze gebe, die Ableitung des Kindesunterhalts aus der Lebensstellung der Eltern aber nicht bedeuten könne, dass den Kindern eine den überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern entsprechende Lebensstellung ermöglicht werden müsse. Wenn der Berechtigte aber im Blick auf eine weitergehende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten einen über die schon bestehende reichlich bemessene Befriedigung des allgemeinen Bedarfs hinausgehenden besonders hohen Unterhaltsbedarf geltend machen will, muss er im einzelnen darlegen, worin dieser Bedarf bestehe und welche Mittel zu seiner Befriedigung im einzelnen erforderlich seien Die Notwendigkeit einer konkreten Bedarfsermittlung bei hohen Einkommen rechtfertigt sich nicht nur aus der Gefahr einer Zweckentfremdung des ausschließlich zur Bedarfsdeckung des Kindes bestimmten Unterhalts. Sie erklärt sich auch aus der Schwierigkeit, bei erheblich über dem Durchschnitt liegenden Lebensverhältnissen der Eltern einen diesen Verhältnissen angemessenen Lebenszuschnitt der Kinder zu ermitteln und - als Richtsatz - pauschalierend zu verallgemeinern. Die Düsseldorfer Tabelle zieht die Grenze möglicher Verallgemeinerung bei einem entsprechenden Nettoeinkommen. Eine solche Pauschalierungsgrenze erscheint sachgerecht und erlaubt eine schematische Fortschreibung der als Erfahrungswerte verstandenen Richtsätze im Einzelfall nicht.

Jenseits der in der Düsseldorfer Tabelle zum Ausdruck kommenden allgemeinen richterlichen Erfahrungswerte bleibt es vielmehr grundsätzlich dabei, dass der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf darlegen und beweisen muss. Die Anforderungen an diese Darlegungslast dürfen allerdings nicht überspannt werden. Auch bei höherem Elterneinkommen muss sichergestellt bleiben, dass Kinder in einer ihrem Alter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern entspricht, an die sie sich vielfach im Zusammenleben mit ihren Eltern gewöhnt haben werden und die ihnen auch nach einer Trennung der Eltern grundsätzlich erhalten bleiben soll. Wie dieser Lebensstil im einzelnen beschaffen ist, welche Bedürfnisse des Kindes auf seiner Grundlage zu befriedigen sind und welche Wünsche des Kindes als bloße Teilhabe am Luxus nicht erfüllt werden müssen, kann nach dem Bundesgerichtshof nicht allgemein gesagt, sondern nur im Einzelfall unter Würdigung der besonderen Verhältnisse der Betroffenen festgestellt werden. Diese Gesamtumstände und Bedürfnisse müssen also vom Unterhaltsberechtigten näher dargelegt werden. Dabei dürfen an die Darlegungslast keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere wird dem Unterhaltsberechtigten im Regelfall nicht zugemutet werden können, seine gesamten - auch elementaren - Aufwendungen in allen Einzelheiten spezifiziert darzulegen. Er wird sich vielmehr regelmäßig darauf beschränken dürfen, besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse zu belegen und darzutun, welche Mittel zu deren Deckung notwendig sind. Im übrigen ist das Gericht, das einen derartigen erhöhten Bedarf zu beurteilen hat, nicht gehindert, den zur Deckung erforderlichen Betrag unter Heranziehung des Mehrbetrags zu berechnen, der sich aus der Gegenüberstellung solcher besonderer Bedürfnisse mit bereits von den Richtwerten der Düsseldorfer Tabelle erfassten Grundbedürfnissen ergibt, und unter Zuhilfenahme allgemeinen Erfahrungswissens zu schätzen.

Wenn Sie mit diesem rechtlichen Problem konfrontiert sind, können wir Sie gerne vertreten, da wir mit dieser hier dargestellten Konstellation schon häufiger zu tun hatten.

Rechtsanwalt Dr. Palm

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Musikrecht Rechtsanwalt Download Filesharing

Musikrecht? Filesharingrecht? MP3-Recht? Pornorecht? Im Grunde sind die Wortverbindungen mit "Recht" seit Erfindung der Suchmaschinen enorm gewachsen. Dass die Musik einen eigenen Rechtsbereich hat, ist eine zweifelhafte Behauptung. Ob die "Rolling Stones" einen Tourneevertrag mit einem globalen Veranstalter schließen, so sie es denn überhaupt tun, oder Minderjährige unzulässig Musik downloaden, sind keine Rechtsmaterien, die man über einen Leisten scheren kann.
Wir haben uns in der Kanzlei Rechtsanwalt Dr. Palm oft mit Fragen befasst, dass Mandanten abgemahnt wurden und sich gegen den Vorwurf verteidigen ließen, sie hätten rechtswidrig Musik "downgeloadet". Wer sich dafür mehr interessiert, kann hier einen Einblick in unsere Tätigkeit gewinnen >>
Uns sind viele Varianten dieses Themas geläufig und daher können Sie davon ausgehen, dass wir schnell und effektiv handeln, wenn es um Ihre Interessen geht. Dabei ist es meistens einerlei, ob es sich nun um Musik, Filme, Pornos, Texte etc. handelt. Entscheidend ist es, dass es Verstöße gegen das Urheberrecht sind und sich die Problematik daher in ihren rechtlichen Besonderheiten nicht allzusehr unterscheidet. Es gibt allerdings Unterschiede auf Seiten der Abmahmer: Musikdownloads werden scheinbar gegenwärtig nach wie vor vehement verfolgt, auch wenn das Interesse der Staatsanwaltschaft geringer wurde, hier jeder "Bagatelle" nachzugehen. Wer sich also den "Stadtaffen" herunterlädt, ohne dass bei den diversen MP3-Anbietern für relativ wenig Geld legal zu tun, muss mit schnellen Reaktionen rechnen. Wichtig bleibt dabei, dass die Vernachlässigung von Kontrollen des eigenen Internet-Zugangs der Täterschaft fast gleichkommt. Wer also seine Kinder nicht beaufsichtigt, geht ein hohes Haftungsrisiko ein.
Mit der Neuregelung des § 97a Abs 2 UrhG sollen Abmahnungen "billiger" werden. Im neuen Gesetz geht es um Handlungen , die nicht im gewerblichen Ausmaß betrieben während, während bisher die sog. Deckelung allein außerhalb des geschäftlichen Verkehrs eingriff. Ob das auf die Rechtsprechung einen großen Eindruck macht, bleibt abzuwarten. Die bisherige Regelung sollte auch bereits zu einer Entschärfung der Problematik beitragen, die betroffene Privathaushalte nicht unerheblich belastete. Immerhin hat das Amtsgericht Hamburg am 24.07.2013 bereits im Vorgriff auf die genannte neue Regelung einen eher geringen Gegenstandswert von 1.000 € angenommen. 
Aufgrund der Vielzahl von Fällen, die wir im Internet gesehen haben, wissen wir jedenfalls, wovon wir reden. Das bietet den immensen Vorteil, dass man seinem Anwalt nicht erst das "Internet" erklären muss.
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2009/05/20

Internet und Recht

Längst ist das Internet kein rechtsfreier Raum mehr. Wir helfen Ihnen gerne, wenn Sie Probleme bei der Bestellung von Domains, der Geltendmachung oder Abwehr von Unterlassungsansprüchen haben, Schwierigkeiten mit dem Internethandel oder Ärger bei Bestellungen haben. Wir vertreten Unternehmen und auch eine obere Bundesbehörde bei spezifischen IT-Fragen. Wenden Sie sich an uns auch im Fall von urheber- bzw. markenrechtlichen Streitigkeiten. Wir helfen Ihnen auch weiter, wenn es um den Schutz ihrer Netzseiten, Toplevel-Domains etc. haben.Zentral bei der Frage, welche "domain lege ich mir zu, sind nicht allein klangvolle oder merkfähige Abkürzungen, sondern die Prüfung, ob Namens-, Marken- oder sonstige Kennzeichnungsrechte Dritter verletzt werden können. Es kann ein "teures Vergnügen" werden, die Rechte anderer dadurch zu verletzten, dass man sich die falsche Domain registrieren lässt. Da wir selbst gerne im und mit dem Internet arbeiten, weil es eine hohe Informationsdichte hat und zugleich unsere Arbeit effizienter macht, befassen wir uns auch gerne mit allen Rechtsproblemen, die mit dieser Technologie entstehen. Wir sind aufgeschlossen gegenüber technischen Innovationen und auch bereit, uns auf juristisches Gelände zu wagen, das noch nicht durch eine detaillierte Rechtsprechung abgesteckt ist. Im Zuge der Begegnungswahrscheinlichkeiten im Internet werden gewerbliche Schutzrechte immer wichtiger. Mit dem Ausbau digitaler Kommunikationsformen und der immer globaleren Verwendung von Marken gibt es zugleich auch eine wachsende Zahl von Markenanmeldungen. Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie eine Marke, einen Begriff, ein Logo, ein Zeichen etc. schützen lassen können oder ob ein solcher Schutz überhaupt sinnvoll ist, fragen Sie uns. Wir erläutern Ihnen auch gerne das Verfahren, um umfassender gegen Konkurrenten oder Missbrauch geistigen Eigentums geschützt zu sein. Wir sind auch gerne bereit, für Sie ein Rechtsgutachten zu verfassen. Hier ist eine Markenprüfung, die Rechtsanwalt Dr. Palm durchgeführt hat, der Fall wurde dabei modifiziert, damit der Mandant anonym bleibt >>

Rechtsanwalt Dr. Palm

Fehlende Originallackierung Mängelgewährleistung

Der Bundesgerichtshof hatte im Mai 2009 darüber zu entscheiden, ob der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ohne vorherige Fristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn die bei Abschluss des Kaufvertrages vorhandene Originallackierung vor der Auslieferung des Fahrzeugs beschädigt wird.

Der Kläger kaufte am 18. November 2004 von der Beklagten einen im Jahr 2001 erstmals zugelassenen Pkw Mercedes CLK Cabrio für 32.900 €. Auf den Kaufpreis leistete er eine Anzahlung in Höhe von 5.000 €. Die Restzahlung sollte bis März 2005 erfolgen. Das Fahrzeug verblieb bis dahin auf dem Betriebsgelände der Beklagten. Dort wurde es am 25. Februar 2005 zusammen mit anderen Fahrzeugen zerkratzt. Der Kläger erklärte daraufhin mit Schreiben vom 30. März 2005 ohne Fristsetzung den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auf.

Der Kläger macht mit der Klage unter anderem die Rückzahlung der Anzahlung geltend. Die Beklagte, die nach ihren Behauptungen die Lackschäden durch eine Neulackierung beseitigt hat, hat dagegen widerklagend in erster Linie beantragt, den Kläger zur Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 27.900 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Lieferung des Fahrzeugs zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dem mit der Widerklage verfolgten Zahlungsantrag stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil geändert, der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass ein Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag ohne Fristsetzung (§ 326 Abs. 5, § 323 Abs. 1 BGB) wegen der Beschädigung der am Fahrzeug vorhandenen Originallackierung nicht in Betracht kommt. Die Beschädigung der Originallackierung führt – anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nicht zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung, sondern stellt lediglich einen Mangel der Kaufsache dar. Dieser Mangel kann aber behoben werden, weil das Fahrzeug durch eine fachgerechte Neulackierung in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt werden kann.

Der Umstand, dass durch das Zerkratzen des Lacks und die zur Beseitigung der Lackschäden erforderliche Neulackierung die Originallackierung des verkauften Fahrzeugs nicht mehr vorhanden ist, stellt keinen Mangel im Sinne des § 434 BGB dar.

Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB, nach der die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger das Fahrzeug mit der Originallackierung zu liefern, bestand zwischen den Vertragsparteien nicht. Dazu reicht es nicht aus, dass das Fahrzeug sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einem den Parteien bekannten unbeschädigten und unfallfreien Zustand befunden hat. Zwar kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Käufers genügt dafür jedoch selbst dann nicht, wenn sie dem Verkäufer bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass der Verkäufer darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert. Anhaltspunkte für eine solche Zustimmung waren in dem entschiedenen Fall jedoch nicht gegeben.

Der Bundesgerichthof hat auch einen Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verneint. Das Fahrzeug weist bei einer Ersetzung der Originallackierung durch eine ordnungsgemäß ausgeführte Neulackierung eine Beschaffenheit auf, die bei Gebrauchtwagen dieses Alters üblich ist. Bei einem Gebrauchtfahrzeug gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand befinden. Die übliche Beschaffenheit gleichartiger Sachen ist vielmehr auch dann noch gegeben, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert wurden. Das gilt in gleicher Weise, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen. Der Käufer kann auch nach der Art der Sache - eines rund vier Jahre alten Gebrauchtwagens - nicht erwarten, dass das Fahrzeug noch mit der ursprünglich vorhandenen Originallackierung versehen ist. Es nicht ungewöhnlich, dass es im Laufe des mehrjährigen Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs zu Lackschäden kommt, die durch eine mehr oder weniger umfangreiche Neulackierung beseitigt werden.

Der Bundesgerichthof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil es weiterer tatrichterlicher Aufklärung dazu bedarf, ob die Lackschäden durch eine fachgerecht ausgeführte Neulackierung beseitigt worden sind, was Voraussetzung für die Fälligkeit des Restkaufpreises ist.

Entscheidung vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07

2009/05/18

Kindergarten und die Kostenspirale beim Unterhalt

Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten.

BGH vom 26. November 2008 - XII ZR 65/07: Kindergartenbeiträge können, schon da sie regelmäßig anfallen, keinen Sonderbedarf (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB) begründen. Als Mehrbedarf ist nach dem Bundesgerichtshof der Teil des Lebensbedarfs anzusehen, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er mit den Regelsätzen nicht zu erfassen, andererseits aber kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts berücksichtigt werden kann. Der Senat ist bisher allerdings davon ausgegangen, dass der Beitrag für den halbtägigen Kindergartenbesuch grundsätzlich keinen Mehrbedarf eines Kindes begründet. Der halbtägige Besuch eines Kindergartens sei heutzutage die Regel, so dass es sich bei dem hierfür zu zahlenden Beitrag um Kosten handele, die üblicherweise ab Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes anfielen. Nun hat der BGH die Auffassung aufgegeben, dass diese Kosten durch die Sätze der Düsseldorfer Tabelle jedenfalls bis Dezember 2007 gedeckt seien. Dass das genannte Leistungsspektrum den Kindergartenbeitrag bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindge-rechten Einrichtung einschließt, kann danach nicht festgestellt werden. Das ergibt sich zunächst aus der Regelsatzverordnung, die Inhalt, Bemessung und Aufbau der Regelsätze bestimmt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 RSV ist Grundlage der Bemessung der Regelsätze der aus der Einkommens- und Verbrauchs-stichprobe abzuleitende Eckregelsatz. Dieser setzt sich aus der Summe be-stimmter, in § 2 Abs. 2 RSV aufgeführter Verbrauchsausgaben zusammen. Die betreffende Auflistung enthält indes keine Position, unter die der Kindergartenbeitrag gefasst werden könnte. Zwar erstreckt sich die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe unter anderem auch auf Dienstleistungen der Kindergärten, Kinderhorte, Krippen, Spielgruppen und andere Kinderbetreuungseinrichtungen (vgl. Gliederungspunkt U/03 der Hinweise des Statistischen Bundesamts zur Einkommens- und Verbrauchsstichprobe). Die Auswertung der Ein-kommens- und Verbrauchsstichprobe, die § 2 RSV vorschreibt, bezieht sich aber nur auf die regelsatzrelevanten Erhebungen. Hierzu gehören Kindergartenbeiträge nicht.Das sächliche Existenzminimum und dem folgend der Mindestbedarf eines Kindes beinhalten deshalb nicht die für den Kindergartenbesuch aufzubringenden Kosten. Für den Betreuungs- und Erziehungsbedarf des Kindes, der über den existentiellen Sachbedarf hinaus notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums ist (BVerfGE 99, 216 ff. = FamRZ 1999, 285, 287 f., 290), sind vielmehr zusätzliche Mittel zu veranschlagen. Die dem System der Bedarfsfestlegung immanente Abgrenzung dieses Bedarfs von demjenigen des sächlichen Bedarfs betrifft nicht nur den für ein Kind aufzubringenden Mindest-unterhalt, sondern auch den bei günstigeren Einkommensverhältnissen des Barunterhaltspflichtigen geschuldeten höheren Unterhalt. Auch den Mindestunterhalt übersteigende Unterhaltsbeträge decken grundsätzlich keinen wesensverschiedenen Aufwand ab, sondern zielen aufgrund der abgeleiteten Lebensstellung des Kindes auf eine Bedarfsdeckung auf höherem Niveau. Danach ist die Annahme aber nicht gerechtfertigt, in höheren Unterhaltsbeträgen seien Kosten für den Besuch eines Kindergartens teilweise enthalten.Für den Mehrbedarf des Klägers haben beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen (Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 150/05 - FamRZ 2008, 1152, 1154). Vor der Gegenüberstellung der jeweiligen Einkommen ist bei jedem Elternteil grundsätzlich ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen. Durch einen solchen Abzug werden bei erheblichen Unterschieden der vergleichbaren Einkünfte die sich daraus ergebenden ungleichen Belastungen zugunsten des weniger verdienenden Elternteils relativiert.

Rufen Sie uns an 0228/645747 oder schicken Sie uns ein Mail, wenn Sie eine Beratung zu diesem oder anderen Unterhaltsthemen wünschen. Ihr Kanzleiteam Dr. Palm

2009/05/16

Diebstahl und Kündigung

Zwar werden immer wieder Entscheidungen veröffentlicht, dass geringfügige Diebstähle zu fristloser Entlassung führen, doch das Arbeitsgericht Wuppertal, vor dem auch Rechtsanwalt Dr. Palm prozessiert, hat im Frühjahr 2009 eine solche Kündigung für unrechtmäßig erklärt. Eine Mitarbeiterin hatte ein Paket Binden im Wert von 0,59 € mitgenommen und das Geld auf den Tisch gelegt. Später hat sie auf die Frage der Bezirksleiterin, wem dieses Geld gehöre, das Geld wieder eingesteckt. Das Gericht erkannte keine Schädigungsabsicht und erhielt das Arbeitsverhältnis. Man muss hier und bei anderen Entscheidungen sehen, dass oft im Hintergrund solcher Auseinandersetzungen länger schwelende Konflikte bestehen und der Geringfügigkeitsdiebstahl mitunter nur den Anlass oder Auslöser für eine fristlose Kündigung bildet.

 

Fristlose Kündigung wegen falscher Etiketten

Das Landesarbeitsgericht Köln - 19.01.09 (5 Sa 1323/08)- hat die fristlose Kündigung eines Metzgermeisters bestätigt. Dieser hatte Grillfleisch einen Tag vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums in Packungen des Arbeitgebers umverpackt. Fatal: Er hatte das Mindesthaltbarkeitsdatum um drei Tage verlängert. Das LAG sah darin eine Täuschung der Kunden, zudem sich der Mitarbeiter strafbar gemacht haben. Obwohl der Mann seit über zwanzig Jahren im Betrieb war, war die Kündigung rechtmäßig. Allerdings kam hinzu, dass es wohl in seiner Berufskarriere einen ähnlichen Vorfall gegeben hatte.

 

Beweislast bei Überstunden

Arbeitnehmer müssen bei der Geltendmachung einer Überstundenvergütung im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten sie über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet haben. Dem Arbeitgeber muss dann diesem Vortrag substantiiert entgegentreten. Erst danach kann das Gericht feststellen, welche Tatsachen streitig sind. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, im Einzelnen Beweis für die geleisteten Überstunden zu erbringen (BAG 17.4.2002 - 5 AZR 644/00). Kann sich der Arbeitnehmer auf eine konkludente Anordnung der Überstunden berufen? Der  Schluss auf eine stillschweigende Überstundenanordnung ist noch nicht möglich, wenn ein Vorgesetzter diese Arbeit zugewiesen hat. Denn hinzukommen müsste eine Weisung, erforderlichenfalls über die reguläre Arbeitszeit hinaus zu gehen. Denn nach einer Entscheidung der Rechtsprechung will der Arbeitgeber grundsätzlich , dass die von ihm zugewiesene Arbeit innerhalb der üblichen Arbeitszeit erledigt wird (LAG Schleswig-Holstein 2007). In der Entgegennahme von Aufzeichnungen des Arbeitnehmers über angeblich geleistete Überstunden liegt noch keine Billigung. Man muss immer auch noch untersuchen, ob es sich um notwendige Überstunden handelt, weil sie für die Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig waren. Allerdings dürfte daraus selten ein Argument zu entwickeln sein, wenn man keinen Nachweis führen kann, dass der Chef diese Arbeit auch tatsächlich wollte. Der Hinweis auf die Befassung mit bestimmten Projekten reicht jedenfalls nach dieser Rechtsprechung nicht aus, denn aus ihr allein folgt nicht zwangsläufig, dass die angefallene Arbeit nur unter Überschreitung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit erledigt werden konnte.

Mehr zu diesem Thema unter >> http://www.palm-bonn.de/seite114.htm

Herausgabe von Unterlagen und Daten

Ein Thema, das wir immer wieder in unserer Praxis erleben und das keine geringe Quelle von Ärger werden kann: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen hin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitsmittel wieder auszuhändigen. Kommt der Arbeitnehmer seiner Rückgabeverpflichtung nicht nach, kann der Arbeitgeber ihn auf Herausgabe verklagen. Ist der Umfang der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Arbeitsmittel unklar, hat der Arbeitgeber zusätzlich einen einklagbaren Anspruch auf Auskunftserteilung. Ein Zurückbehaltungsrecht an den Arbeitsmitteln steht dem Arbeitnehmer selbst dann nicht zu, wenn er eigene Ansprüche gegen den Arbeitgeber, etwa auf Lohnzahlung, hat. 

Übrigens: Ist dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen überlassen worden, muss er ihn auch dann sofort zurückgeben, wenn er eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber mit der Kündigungsschutzklage angegriffen hat. Das spricht dafür, dass man jedenfalls besser auf solche "Drohmittel" verzichtet und statt der Zurückbehaltung zügig die eigenen Ansprüche aktiv durchsetzt.

Computerdaten und Kündigung 

Ein Außendienstmitarbeiter benutzte seinen privaten PC auch für seine Arbeit. Um das Arbeitsverhalten und die Geschäftsabläufe kontrollieren zu können, forderte der Arbeitgeber eine komplette Kopie der Festplatte. Dies verweigerte der Arbeitnehmer im Hinblick auf seine ebenfalls gespeicherten privaten Dateien. Daraufhin kam es zur Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

Nach dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hätte die Kündigung nur dann Berechtigung gehabt, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, seinem Arbeitgeber eine Kopie der gesamten Festplatte herauszugeben.  Der Arbeitnehmer hätte sich jedoch lediglich geweigert, seinem Arbeitgeber private Dateien zugänglich zu machen. Demgegenüber wäre er bereit gewesen, alle Dateien, die betriebliche Vorgänge betreffen, wunschgemäß herauszugeben. Da der Arbeitgeber gleichwohl auf einer kompletten Festplattenkopie bestand, war die Verweigerung des Arbeitnehmers rechtens. Die ausgesprochene Kündigung war danach unwirksam (LAG Schleswig-Holstein vom 20.01.2000 - 4 Sa 389/99).

Rechtsanwalt Dr. Palm

2009/05/15

Direktion - Leistungspflichten - Bestimmung durch den Arbeitgeber

Was kann der Arbeitgeber eigentlich bestimmen? Wo liegen die Grenzen seiner Weisungsbefugnis? Es gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit bestimmt im Rahmen des ihm durch den Arbeitsvertrag eingeräumten Direktionsrechts nach billigem Ermessen bestimmen kann. Zwar kann der Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrages regelmäßig einseitig die dort nur rahmenmäßig umschriebenen Leistungspflichten des Arbeitnehmers nach Zeit, Ort und Art der Leistung näher bestimmen (BAG AP Nr. 27 zu § 611 Direktionsrecht). Dieses Weisungsrecht wird jedoch durch gegenüber dem Einzelarbeitsvertrag höherrangige Gestaltungsfaktoren beschränkt. Die Beklagte hat hier die Grenzen des auch für die Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts geltenden billigen Ermessens gemäß § 315 Abs. 1 BGB (BAG AP Nr. 26, 27, 68 zu § 611 BGB Direktionsrecht) überschritten.

Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Wie erfolgreich kann er sich gegen einen Dienstplan wehren? 

Interessanter Fall: ArbG Bonn 21.09.2000 - 1 Ca 3447/99 - Eine ordnungsgemäße Ausübung billigen Ermessens nach § 315 Abs. 1 BGB setzt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts voraus, dass die beiderseitigen Interessen abgewogen und dabei alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. Dabei sind insbesondere die verfassungs- und einfachgesetzlichen Wertentscheidungen, die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie die Risikoverteilung, die beiderseitigen Bedürfnisse und Vermögens- und Lebensverhältnisse zu beachten. Das Ermessen räumt dem Bestimmungsermächtigten zwar einen Spielraum ein, doch die Ausübung des billigen Ermessens ist gemäß § 315 Abs. 3 S. 1 BGB gerichtlich dahingehend überprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Wer trägt die Beweislast? Aus der Formulierung des § 315 Abs. 3 S. 1 BGB folgt, dass derjenige, der die Verbindlichkeit einer getroffenen Leistungsbestimmung für sich beansprucht, beweisen muss, dass sie nach billigem Ermessen erfolgt ist.
Zu berücksichtigen ist die grundrechtliche Wertentscheidung in Art. 6 Abs. 2 GG, die die Familie besonders schützt. Grundrechte finden zwischen den Arbeitsvertragsparteien zwar nicht unmittelbare Anwendung, sind aber im Rahmen der wertausfüllungsbedürftigen Generalklauseln des Zivilrechts "mittelbar" zu berücksichtigen. Der unbestimmte Rechtsbegriff des billigen Ermessens in § 315 Abs. 1 BGB ist verfassungskonform auszulegen. Das Recht der Beklagten, im Rahmen ihrer unternehmerischen Betätigungsfreiheit den Inhalt der Leistungspflicht der Klägerin zu konkretisieren, ist mit dem kollidierenden Grundrecht der Klägerin aus Art. 6 Abs. 2 GG in Einklang zu bringen. Macht die Ausübung des Direktionsrechts es dem Arbeitnehmer unmöglich, seinem Recht und seiner Pflicht zur Pflege und Erziehung seines Kindes gemäß Art. 6 Abs. 2 GG ausreichend nachzukommen, kann diese Ausübung nicht billigem Ermessen entsprechen. Wenn ein Arbeitnehmer nach dem Dienstplan sich nicht selbst um ein Kind kümmern kann, ist das ein Problem. Eine Wahrnehmung der erforderlichen Personenfürsorge mit Hilfe dritter Personen ist ihr nicht möglich: Zu berücksichtigen ist in solchen Zusammenhängen, ob Verwandte zur Betreuung zur Verfügung stehen oder fremde Hilfe finanziert werden kann. Die Dienstplanänderung war im genannnten Beispielfall für die Arbeitsnehmer auch nicht vorhersehbar. Zu überlegen ist also immer, ob die Probleme bei der Betreuung von Kindern etc. nicht vermeidbar sind. Die Fragen der Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Interessenkonflikts bei Beginn des Arbeitsverhältnisses und die Gefahr seiner Wiederholung stellen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Gesichtspunkte dar, die im Rahmen der Abwägung zu beachten. zu untersuchen ist dann die Voraussehbarkeit, der Wegfall des Hindernisses.  Das Bundesarbeitsgericht stellt auch darauf ab, ob an der in Streit befindlichen konkreten Arbeitsleistung ein besonderes betriebliches Erfordernis besteht. Der Einwand der Beklagten, dass eine kollektive Umsetzung des neuen Schichtplans wegen des hohen Anteils an Müttern unter den im Nachtdienst Beschäftigten scheitern müsse, wenn die familiären Umstände zu berücksichtigen wären, kann die Beklagte nicht von der Einhaltung ihrer gesetzlichen Pflichten aus § 315 Abs. 1 BGB befreien.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit?

Hierzu hat das BAG ausgeführt: Der gewohnheitsrechtlich anerkannte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie die sachfremde Differenzierung zwischen Gruppen von Arbeitnehmern. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also bei einer am Gleichheitsgedanken orientierten Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist. 

Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter Vorrang hat. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen aufgrund einer generellen Regelung gewährt, insbesondere wenn er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen. Zunächst ist der Zweck der in Betracht kommenden Maßnahme zu ermitteln und danach zu beurteilen, ob der von der begünstigenden Maßnahme ausgeschlossene Personenkreis berechtigterweise außerhalb der allgemeinen Zweckrichtung steht. 

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber in Bezug auf seine Arbeitnehmer. Jedenfalls dann, wenn eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen einzelnen Betrieb beschränkt ist, sondern sich auf alle oder mehrere Betriebe des Unternehmens bezieht, ist auch die Gleichbehandlung betriebsübergreifend zu gewährleisten. Dieser Grundsatz stellt sich einerseits als Anspruchsgrundlage des Arbeitnehmers auf Gleichbehandlung und andererseits als Handlungs- und Ermessensschranke des Arbeitgebers dar. Bei der Anwendung dieses Grundsatzes ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang genießt, wenn und soweit Vertragsbedingungen mit den einzelnen Arbeitnehmern frei ausgehandelt werden. Daher wird auch die Besserstellung einzelner Arbeitnehmer nicht grundsätzlich untersagt.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Abfindung und Sozialversicherung

Für die Frage, ob auf die Abfindung Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) zu entrichten sind, kommt es darauf an, ob die Abfindung als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung zu werten ist. Keine Sozialversicherungsbeiträge sind für Abfindungen zu zahlen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten durch den Verlust des Arbeitsplatzes (z.B. nach §§ 9 und 10 KSchG) gezahlt werden - das bezeichnet die klassischen Abfindungen im "Wortsinne".

Die "echten" Abfindungen wie hier werden deshalb nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zugeordnet, da sie für eine Zeit nach dem Ende der Beschäftigung und der Versicherungspflicht gezahlt werden. Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag und verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung "für die geleisteten Dienste", so wäre die Abfindung trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Arbeitsentgelt einzuordnen. Folge wäre, dass für die Abfindung dann auch Beiträge zur Sozialversicherung geleistet werden müssen.  


Rechtsanwalt Dr. Palm 

Arbeitnehmer dürfen bei Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag nicht in jedem Fall ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen

Arbeitnehmer haben aus § 82 Abs.2 S.2 BetrVG nicht in jeder Konstellation einen Anspruch auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu einem Personalgespräch über einen Aufhebungsvertrag (BAG 16.11.2004, 1 ABR 53/03). Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn es in dem Gespräch zumindest unter anderem um eines der gesetzlich genannten Themen (Arbeitsentgelt, Leistungsbeurteilung oder berufliche Entwicklung) geht. Daran fehlt es aber, wenn nur noch die Modalitäten des Aufhebungsvertrags besprochen werden. Aus dem Unternehmen schieden im konkreten Fall innerhalb eines halben Jahres mehrere Arbeitnehmer durch Aufhebungsvertrag aus. Zumindest einer der betroffenen Mitarbeiter wollte zu dem Gespräch über den Aufhebungsvertrag ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Dies lehnte die Arbeitgeberin ab. Der Betriebsrat sah in dieser Ablehnung eine Verletzung des Betriebsverfassungsgesetzes. Er beantragte, festzustellen, dass die Arbeitgeberin auf Wunsch des Arbeitnehmers die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu einem Personalgespräch über einen Aufhebungsvertrag erlauben müsse. Der Antrag hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist die Arbeitgeberin nicht in allen denkbaren Konstellationen aus dem Gesetz verpflichtet, auf Wunsch des Arbeitnehmers bei Gesprächen über einen Aufhebungsvertrag die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu dulden. Das Recht des Arbeitnehmers, zu Personalgesprächen ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen, bezieht sich nur auf die im BetrVG genannten Gesprächsthemen. Danach haben Arbeitnehmer ein Recht auf Erörterung der Bestandteile ihres Arbeitsentgelts, der Beurteilung ihrer Leistung und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb. Für ein Recht des Arbeitnehmers, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen, muss es in dem Gespräch über den Aufhebungsvertrag zumindest auch um eines dieser Themen gehen. Gespräche über einen Aufhebungsvertrag müssen aber nicht zwingend eines dieser Themen zum Inhalt haben. Die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers wird etwa im Fall der Betriebsstilllegung kein Gesprächsthema mehr sein. Gleiches gilt, wenn bereits Personalgespräche über Themen im Sinn von § 82 Abs.2 S.1 BetrVG stattgefunden haben und es in dem betreffenden Gespräch nur noch um die Modalitäten des Aufhebungsvertrags geht. Daher kann der Betriebsrat nicht die Feststellung verlangen, dass der Arbeitgeber bei Gesprächen über einen Aufhebungsvertrag generell die Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds dulden muss.  

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Schwerbehinderung und Prävention

Wenn wir Schwerbehinderte vertreten, ist es vor allem wichtig, den sehr spezifischen Problemen auch Rechnung zu tragen. Das Gesetz bietet zahlreiche Vorgaben, um diesem besonderen Schutz Rechnung zu tragen. Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und diverse andere Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.

Ziel dieser gesetzlichen Prävention ist nach dem Bundesarbeitsgericht  -  9 AZR 632/04 - die frühzeitige Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu erreichen. Dem Arbeitgeber ist damit für Eingliederung und gegen Ausgliederung des schwerbehinderten Arbeitnehmers maßgeblich zuständig. Diese Pflichten begründen nicht nur eine privatrechtlich gesteigerte Fürsorgepflicht gegenüber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer, wie das Bundesarbeitsgericht - 9 AZR 230/04 - festgestellt hat. 

Vielmehr soll die Beteiligung kompetenter Stellen auch gewährleisten, dass alle Möglichkeiten zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fachkundig untersucht und deren technische sowie wirtschaftliche Realisierbarkeit geprüft werden. Dem schwerbehinderten Arbeitnehmer fehlen zumeist zur Beurteilung der Frage, wie eine behinderungsgerechte Beschäftigungsmöglichkeit gefunden oder geschaffen werden kann, die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse. Verletzt der Arbeitgeber seine gesetzlichen Erörterungspflichten, verhindert er damit die Durchführung dieses Präventionsverfahrens. Das hat Folgen für die Darlegungslast. Hat die primär darlegungspflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen kann dem Gegner eine sekundäre Behauptungslast auferlegt werden. Das setzt zwar in der Regel voraus, dass der Prozessgegner die erforderliche Kenntnis hat. Das Wissen, wie ein behindertengerechter Arbeitsplatz in seinem Betrieb einzurichten und auszustatten ist, kann einem Arbeitgeber nicht unterstellt werden. 

Auf dieses fehlende Wissen kann sich der Arbeitgeber nicht berufen, wenn er seinen Pflichten gemäß § 84 Abs. 1 SGB IX nicht nachgekommen ist. Denn die Erörterung mit den in § 84 Abs. 1 SGB IX genannten fachkundigen Stellen dient gerade dazu, dass er sich das entsprechende Wissen verschafft. Fand diese Erörterung allerdings statt und kamen die fachkundigen Stellen unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu dem Ergebnis, es gäbe keine Möglichkeiten zur Sicherung der Beschäftigung des Arbeitnehmers, bleibt es bei der primären Darlegungslast des schwerbehinderten Arbeitnehmers. Er hat dann vorzutragen, welche konkreten technischen oder organisatorischen Veränderungen seine behinderungsgerechte Beschäftigung ermöglichen.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Indizien - Anhaltspunkte - Diskriminierung

Diskriminierung ist ein subtiles Phänomen. Antidiskriminierungsgesetze führen zu einer Art "feedback", d.h. die Diskriminierung versteckt sich immer unkenntlicher hinter Formeln, die vorgeben, dem Gesetz zu folgen. Wer heute Diskriminierung nachweisen will, muss genau hinschauen. Der Gesetzgeber hat dieses Phänomen erkannt und spricht von Indizien, die der Betroffene darlegen muss. Aber was sind Indizien?

Tatsachen lassen eine Benachteiligung wegen eines Diskriminierungsmerkmals schon dann gemäß § 22 AGG "vermuten", wenn unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bei freier Beweiswürdigung aus der Sicht einer objektiv verständigen Person der Schluss auf ein Handeln "wegen" eines Diskriminierungsmerkmals überwiegend wahrscheinlich ist. Das ist natürlich eine erhebliche Beweiserleichterung. Eine Nichteinstellung "wegen" des Geschlechts i.S.d. § 22 AGG liegt auch dann vor, erläutert das Arbeitsgericht Berlin, wenn für die Nichteinstellung zugleich andere Gründe entscheidend waren. Der Anspruchssteller muss nicht vortragen, dass eine bestimmte Behandlung ausschließlich auf einem Merkmal nach § 1 AGG beruhte. Ausreichend sei, wenn in einem "Motivbündel" das verpönte Merkmal enthalten war. Die bessere Eignung eines anderen Bewerbers schließt eine Benachteiligung nicht aus. Tatsachen ("Indizien") sind im Sinne des § 22 AGG also schon dann "bewiesen", wenn sie "überwiegend wahrscheinlich" gemacht sind. So das Arbeitsgericht Berlin, 86 Ca 4035/07. Kann eine überwiegende Wahrscheinlichkeit streitiger Indizien nicht bewiesen werden, geht dieses non liquet auch nach § 22 AGG zu Lasten der klagenden Partei.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Arbeitnehmer muss Grundzüge des Kündigungsschutzrechts kennen

Seit ca. 20 Jahren prozessiere ich vor dem Arbeitsgericht und habe eine Vielzahl von Kündigungsschutzklagen erfolgreich erhoben. Leider erlebe ich es in der anwaltlichen Praxis immer wieder, dass potentielle Kläger zu spät reagieren und die Klagefrist versäumen. Die Chancen auf eine angemessene Abfindung wären hoch gewesen, aber wenn die Frist versäumt ist, wird es sehr schwer erfolgreich zu klagen.

Nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz muss ein Arbeitnehmer die Grundzüge des Kündigungsschutzrechts kennen oder sich zumindest darüber informieren. Sonst riskiere er, mit einer Kündigungsschutzklage schon aus formalen Gründen erfolglos zu bleiben. So verliert der Arbeitnehmer den gerichtlichen Kündigungsschutz, wenn er seine Klage nicht innerhalb von drei Wochen erhebt. Eine nachträgliche Zulassung der Klage wegen Unkenntnis der Frist kam in der vorliegenden Entscheidung nicht in Betracht (Az.: 8 Ta 154/04). Ein Metallarbeiter hatte erst nach mehr als drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben. Zu seiner Entschuldigung erklärte er, die Frist sei ihm nicht bekannt gewesen. Die Richter erläuterten ihre Ablehnung damit, einen Kläger dürfe ander versäumten Klagefrist keinerlei Verschulden - nicht einmal leichte Fahrlässigkeit - treffen. Unwissenheit sei immer auch eigenes Verschulden (LAG Rheinland-Pfalz - Az.: 8 Ta 154/04).

Rechtsanwalt Dr. Palm

 

 

 

 

 

Geschlecht - Diskriminierung - Schadensersatz - Arbeitsgericht

Das  Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg spricht Ende 2008 Entschädigung und Schadensersatz wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei der Beförderung zu

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat einer Klägerin, die vortrug, wegen ihres Geschlechtes bei einer Beförderungsentscheidung diskriminiert worden zu sein, Entschädigung und Schadensersatz zuerkannt. Das Landesarbeitsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass eine Statistik über die Geschlechtsverteilung auf den einzelnen Hierarchieebenen als Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung herangezogen werden kann. In den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im außertariflichen Bereich sind 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte sind beim Beklagten Frauen. Der Aufsichtsrat bestand aus 19 Männern und zwei Frauen. Bei dem Anfang des Jahres 2007 durchgeführten Entwicklungsaudit für die Ebenen Abteilungsdirektor/ Abteilungsleiter fungierten als Beobachter ausschließlich Männer.

Dass sämtliche 27 Führungspositionen (bei einer Verteilung von 2/3 Frauen in der Belegschaft) nur von Männern besetzt waren gelten dem Gericht nach als ausreichendes Indiz. Da der Arbeitgeber keine Stellenausschreibung oder sonstige schriftlich dokumentierte Auswahlkriterien habe vorlegen können, habe er die Indizien nicht widerlegen können. Er kann sich dann auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin nicht die am besten geeignete Bewerberin gewesen sei. Als Schadensersatz hat das Landesarbeitsgericht die Vergütungsdifferenz zu derjenigen Position, und zwar auch unbegrenzt für die Zukunft, zugesprochen, in die die Klägerin nicht befördert worden war. Wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts hat das Landesarbeitsgericht darüber hinaus eine Entschädigung wegen immateriellen Schadens in Höhe von 20.000,00 Euro zugesprochen; in der diskriminierenden Beförderungsentscheidung zu Ungunsten der Klägerin liege zugleich eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung, die noch dadurch verstärkt worden sei, dass die Klägerin durch Äußerungen der Vorgesetzten herabgewürdigt und eingeschüchtert worden sei. Das Landesarbeitsgericht hat im Hinblick auf Teile dieser Entscheidung die Revision zugelassen (Az.: 15 Sa 517/08). 

Mobbing - Anwaltliche Erfahrungen - Prozessaussichten

1.  Was raten Sie Personen, die von Bossing/Mobbing betroffen sind? Sollen Sie sofort Rechtsexperten zu Rate ziehen oder vorher 'abwarten' und sich eventuell an Beratungsstellen wenden? Verzichtet man auf Rechtshilfe weil die Befürchtung besteht wegen zu hoher Kosten sich das Verfahren nicht leisten zu können.  
Wer zu uns kommt, hat regelmäßig schon eine längere Leidensgeschichte hinter sich. Trotz der nachvollziehbaren Angst, den „Job" zu verlieren, verblüfft uns oft die Leidensfähigkeit der Menschen, bis sie endlich zum Anwalt gehen. Die Unternehmen bieten oft auch Anlaufstellen bis hin zum Mobbing-Beauftragten oder berufen Mobbing-Konferenzen ein. Dabei glauben einige Unternehmen und selbst öffentliche Dienstherren leider, dass solche Vorkehrungen bereits die Lösung des Problems darstellen. Die „rules of conduct" und ähnliche  Betriebsrezepte, die wir allenthalben lesen, haben mit rauen Unternehmenswirklichkeiten mitunter gar nichts zu tun.  
2. Liegt ein Fall von Bossing vor, ist die Lage deutlich komplizierter, weil man von Vorgesetzten schikaniert wird. Halten Sie es für sinnvoll mit einer Klage vor-zugehen, wobei in der Regel ein langer und harter 'Kampf' vorprogrammiert ist? Oder sagen Sie, ist ein Ausstieg bzw. Firmenwechsel oft sinnvoller und weniger kompliziert?
Wenn Rechte verletzt werden, sollte das für die Mobber auch empfindliche Folgen haben. Klagen und Jobwechsel schließen sich nicht aus. Es geht dabei aber nicht nur um die jeweilige gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmern, Vorgesetzen und Unternehmen. Mobbing ist ein fieser Volkssport geworden. Es beginnt im Kindergarten und der Auseinandersetzungsstil in betroffenen Unternehmen unterscheidet sich von diesen Früherfahrungen nicht immer erheblich. Eine Gesellschaft mit einem hohen humanen Selbstanspruch sollte das Mobbing deshalb auch öffentlich anprangern. Hier sind Mentalitätsveränderungen, die sich nicht von heute auf morgen vollziehen, unabdingbar.  
3. Wie sieht es mit den Chancen aus, eine Klage zu gewinnen? Was sind die Erfahrungswerte von bereits abgewickelten Fällen?
Diese Klagen sind schon deshalb nur sehr schwer zu gewinnen, weil die Rechtsprechung extrem hohe Anforderungen an die Darlegung des Sachverhalts stellt. Zudem muss es sich um „systematische" Verhaltensweisen des Mobbers handeln, was dann Wertungsfragen aufwirft, die nicht leicht entscheidbar sind. Mit anderen Worten: Das Opfer gerät in Beweisnot. Wenn Mobbing-Fälle anlässlich von Kündigungen thematisiert werden, ist es aber durchaus möglich, das die Höhe von Abfindungen sich nur im Blick auf das Mobbing erklärt.  
4. Die Schwierigkeit liegt wahrscheinlich darin, Beweismaterial vorzulegen. Was raten Sie Betroffenen - wie und welche Beweise sollen sie vorweisen können?  
Ohne ein sehr ausführliches Mobbing-Tagebuch mit der Schilderung von Ereignissen und der Nennung von Zeugen wird das schwer. Vor allem aber gehen die juristischen Meinungen oft auseinander, ob es sich nun lediglich um grobe Umgangsformen oder unerträgliches Mobbing handelt. Arbeitskollegen sind als Zeugen nicht immer mitteilungsfreudig, weil die eigene Stellung in solchen Auseinandersetzungen beschädigt werden kann – bis hin zu dem Punkt, wo sie selbst zum Opfer werden.   
5. Es gibt zwar eine Reihe von anderen Gesetzen, worunter Bossing/Mobbing fällt (wie z.B. Arbeitsrecht, Persönlichkeitsrecht und insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsrecht) aber Bossing bzw. Mobbing wurde bisher noch nicht explizit im Gesetz geregelt. Was glauben Sie ist der Grund dafür, dass es noch kein Anti-Mobbing/Bossing-Gesetz gibt?
Die Gesetze sind hier weniger das Problem, als vielmehr die Rechtsprechung, die sich an das Thema nicht immer heranwagt. „Mobbing" ist kein Rechtsbegriff und selbst wenn man ihn juristisch prägen würde, stößt man auf diverse außerjuristische Fragen. Von einigen Ausnahmeentscheidungen abgesehen wird das Thema nach unserer Einschätzung von Arbeitsgerichten daher zu-rückhaltend behandelt. Das lässt sich bereits an dem Verhältnis zwischen den zahlreichen Diskussionen in der Öffentlichkeit und der recht überschaubaren Zahl von veröffentlichten Entscheidungen ablesen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass das Problem „Bossing/Mobbing" auf der Schnittstelle von betriebssoziologischen sowie psychologischen Fragen liegt und sich Juristen damit seit je schwer tun. Der Richter ist kein Psychologe und hat im Gerichtsalltag regelmäßig auch weder Zeit noch Möglichkeiten, sich intensiv mit Betriebs- oder Persönlichkeitsstrukturen auseinander zu setzen. Richter sind nicht vom Gesetz beauftragt, über den „Tellerrand" der Fälle hinauszublicken. Deshalb werden Juristen alleine das Problem nicht lösen.       
6. Oft ist bei Bossing-/Mobbing-Opfern eine Therapie unumgänglich. Wer trägt hier die Kosten? Ist es möglich, diese beim 'Täter' einzufordern oder Unterstützung von Krankenkassen zu bekommen  
Kosten der Krankenbehandlung sind, wenn die Voraussetzungen des Mobbing im Übrigen nachgewiesen sind, Teil des Schadens und können vom Täter verlangt werden. Die Krankenkassen tragen regelmäßig die Kosten für solche Behandlungen.  
7. Was ist Ihre persönliche Erfahrung mit Bossing und Mobbing bisher? Denken Sie, dass dieses Phänomen in den nächsten Jahren verstärkt auftreten wird?
In einer Arbeitswelt, die unter dem Druck einer wirtschaftlichen Rezession steht, werden Verdrängungs- bzw. Konkurrenzstrategien wie das Mobbing keinesfalls aussterben. Allerdings findet Mobbing auch in wirtschaftlich gemächlicheren Zeiten statt, sodass einfache Kausalgesetze dieses Phänomen nicht ausreichend beschreiben. Mobbing entsteht aufgrund vieler Faktoren und ist deshalb gleichermaßen schwer zu erkennen wie zu bekämpfen. Die gesellschaftliche Wahrnehmung wächst, sodass auch die juristische Behandlung des Themas, ob nun auf der Ebene des Gesetzgebers oder der Gerichte, sensibler werden dürfte. Das heißt aber auch, dass Mobber ihre Methoden geschickter wählen und scheinbar sachlich handeln, wenn doch ihr Ziel einzig darauf ausgerichtet ist, einen anderen Menschen existenziell zu treffen.  

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm



Beamte - Dienstbetrieb - Störer

Versetzung bei Spannungen 

Ein dienstliches Bedürfnis für eine Versetzung kann sich aus dauernden innerdienstlichen Spannungen ergeben, wenn sie die reibungslose Zusammenarbeit und den täglichen Dienstbetrieb beeinträchtigen und das Spannungsverhältnis nur durch die Trennung der Streitbeteiligten gelöst werden kann (BVerwG-Rechtsprechung). Dabei ist im Rahmen der Prüfung, ob ein dienstliches Bedürfnis vorliegt, grundsätzlich nicht erheblich, welcher der an einem Dauerspannungsverhältnis Beteiligten daran ein Verschulden trägt. Wenn zur Behebung des Missstandes die Versetzung eines bestimmten Streitbeteiligten geboten erscheint, ist das Bedürfnis, ihn zu versetzen, unabhängig davon zu bejahen. Bei festgestelltem dienstlichen Bedürfnis entscheidet der Dienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und wie er von der Versetzungsbefugnis Gebrauch machen will. Dabei hat er in seine Ermessensentscheidung all diejenigen Gesichtspunkte einzustellen und zu würdigen, deren Berücksichtigung die Fürsorgepflicht und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordern. Dazu gehören insbesondere auch die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur Versetzung vorgetragenen Einwände des zu Versetzenden, solange sie nicht völlig neben der Sache liegen. Handelt es sich um mehrere Beamte, die aus dem dienstlichen Bedürfnis für eine Versetzung in Frage kommen, muss der Dienstherr ein pflichtgemäßes Auswahlermessen ausüben. Dabei können nach der Rechtsprechung Fürsorgegründe, Eignungen, Konfliktbeteiligung und die Schuldfrage eine ausschlaggebende Bedeutung für die „Störerauswahl" haben.

Mobbing und Beamte

 Relativ aktuell ist eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat vom 19.02.2009 - 6 A 356/06 zum Thema Mobbing bei Beamten:  

Das Oberverwaltungsgericht weist in dieser Entscheidung zunächst auf einen rechtlichen Umstand hin, der auch der arbeitsgerichtlichen Mobbing-Rechtsprechung und allgemeinen prozessualen Regeln entspricht: Die bloße Behauptung systematisch anfeindender, schikanierender und diskriminierender Verhaltensweisen von Vorgesetzten genügt für die Darlegung einer derartigen Verletzung der Fürsorgepflicht nicht. Die beanstandeten Verhaltensweisen dürfen nicht nur pauschal und wertend geschildert werden. Vielmehr müssen sie so konkret und substantiiert dargestellt werden, dass sie einer Überprüfung zugänglich sind. Dies setzt die Darlegung eines Tatsachenkerns voraus, der mit konkretem Gegenvortrag bestritten werden kann. Das Gericht verweist ausdrücklich auf den arbeitsrechtlichen Begriff des Mobbings, wie es die Landesarbeitsgerichte – unter anderem (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2008 - 9 Sa 489/07 -; LAG Köln, Urteil vom 21. April 2006 - 12 (7) Sa 64/06; LAG Schleswig-Holstein; Urteil vom 28. März 2006 - 5 Sa 595/05 -, NZA-RR 2006, 402 – entwickelt haben.   

Diesen Anforderungen genügte das Vorbringen der Klägerin dieser Entscheidung nicht. Sehr typisch folgte daraufhin dieser Vortrag des Gerichts: Die Vorwürfe der Klägein gegen den Schulleiter und andere Beteiligte seien ausschließlich wertend und pauschal. Deren Verhalten beschrieb sie in der Gegendarstellung zum Schulleitergutachten vom 7. September 2003 durchgängig als "Machtspiele mit Geschrei, Gebrüll, Drohungen und Mundverbieten", "ständige Schikanen", "erniedrigend" und, soweit es um die Bewertung ihrer Leistungen ging, als "Verleumdungen" und "Unwahrheiten". Dieser Vortrag war mangels Tatsachenkerns mit konkretem Gegenvortrag nicht bestreitbar und einer Überprüfung nicht zugänglich. Das galt auch für den Vorwurf der Verleumdung und Verbreitung von Unwahrheiten. Die Klägerin stellte nicht objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptungen der genannten Personen in Frage, sondern nur Werturteile. Soweit sie konkrete Gegebenheiten wie einen Anruf des Schulleiters am 6. Februar 2002 oder ein Gespräch mit ihm an einem Sonntag in T. schilderte, waren nicht inhaltliche Äußerungen oder konkret beschriebene Verhaltensweisen Gegenstand des Vorwurfs, sondern das lediglich allgemein als "unverschämt", "brüllend" und "einschüchternd" bezeichnete Auftreten des Schulleiters. 

Probleme der Zurechnung

Ob die Schulleiterbeurteilung vom 5. August 2003 als solche die Erkrankung der Klägerin verursacht hat, kann offen bleiben. Eine derartige Folge wäre dem beklagten Land nicht in der Weise zuzurechnen, dass sie das Ermessen bei der Entscheidung über die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst einschränken würde. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Beurteilung rechtswidrig war. Für die Zurechnung genügt es nicht, dass eine rechtswidrige Handlung von Bediensteten des Dienstherrn conditio sine qua non für die Dienstunfähigkeit des betroffenen Beamten ist, also nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Dienstunfähigkeit entfiele. Vielmehr muss diese eine adäquate Folge der rechtswidrigen Handlung sein. Das ist nur der Fall, wenn der Dienstherr mit einem derartigen Kausalverlauf rechnen musste. Objektiv außergewöhnliche, nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassende Geschehensabläufe sind ihm nicht zuzurechnen, weil dies zu einer uferlosen Ausweitung seiner Verantwortlichkeit führen würde.  

Dienstunfähigkeit

Die Dienstunfähigkeit der Klägerin ist keine adäquate Folge des Schulleitergutachtens vom 5. August 2003. Zwar mag vorhersehbar sein, dass eine schlechte Beurteilung beim Betroffenen zu einer psychischen Belastung führen kann, es muss aber in aller Regel nicht mit weitergehenden Beeinträchtigungen gerechnet werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte für die angestrebte Beamtenlaufbahn - auch gesundheitlich - geeignet ist. Vorauszusetzen ist damit eine psychische Konstitution des Beamten, die ihn dazu befähigt, sich mit einer im sachlichen Rahmen bleibenden Kritik auch dann konstruktiv auseinander zu setzen, wenn sie unberechtigt ist. Dementsprechend ist nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassen, dass der Beamte aufgrund einer den genannten Rahmen wahrenden Beurteilung dauerhaft erkranken und deswegen seinen Dienst nicht mehr - auch nicht an einer anderen Ausbildungsstelle - aufnehmen könnte. Vielmehr darf von dem Beamten erwartet werden, dass er Einwände gegen eine derartige  Beurteilung in dem dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahren erhebt.  

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